8 Zusammenfassung

Inhaltsverzeichnis

 

Aus Umweltschutzgründen wurden in den vergangenen Jahren wachsende Anstrengungen unternommen, unerwünschte Emissionen zu reduzieren. Schon in den siebziger Jahren begann man mit der Entwicklung von Filtersystemen für Dieselfahrzeuge. Aufgrund extremer mechanischer, thermischer und chemischer Betriebsbedingungen kam es an den verschiedensten prototypischen PKW-Filtern aus W.-Nr. 1.4841 wiederholt zu Schäden, die die Partikelfilterung gefährdeten. In Prüfstandsversuchen traten beispielsweise Risse und Anschmelzungen auf.

Deshalb bestand das Hauptanliegen dieser Arbeit darin, den Einsatz eines metallischen Rußfilters unter vorgegebenen Betriebsbedingungen sicherzustellen und darüberhinaus seine Nutzungsdauer zu verlängern. Dazu wurden die Hochtemperatur-Korrosionsreaktionen beim Einsatz metallischer Werkstoffe als Rußfilter-Materialien detailliert untersucht.

Im einzelnen wurden isotherme, zyklische und programmgesteuerte Experimente in ruhenden oder bewegten Medien durchgeführt. Untersucht wurden austenitische, ferritische, (beschichtete) Werkstoffe sowie intermetallische Phasen in Stangen, Pulver- und in zur Filterstruktur verarbeiteter Form („Filtergewebe“). Als Medien dienten Sauerstoff (O2), Luft, Dieselmotorabgas/synthetische Abgasmischung und Kohlenstoff (in Packung). Variiert wurden: Temperatur (400-1000˚C), Temperaturverlauf (isotherm/zyklisch/Programm), Glühzeit (10 s-1200 h), Zugspannung (0.45-45 N/mm2), Strömungsgeschwindigkeit (0-100 m/s).

Standardmäßige metallographische, röntgenfeinstrukturanalytische und thermogravimetrische (TG) Messungen lieferten die meisten der Ergebnisse, die teilweise durch Bildverarbeitung, mikroanalytische Meßverfahren (EDX, REM), Messungen der spezifischen Oberfläche (BET) sowie Röntgen-in-situ-Meßverfahren und andere ergänzt wurden. Anwendungsnahe Druckverlustmessungen ergaben das zeitabhängige Filterverhalten.

Es gilt werkstoffunabhängig:

  • Ein Rußfilter muß feingliedrig aufgebaut sein und besitzt eine relativ große -lokal stark gekrümmte- (spezifische) Oberfläche. Dabei ist die Schutzwirkung einer Deckschicht von überragender Bedeutung. Das Angebot selektiv oxidierender Elemente (Deckschichtbildner) erschöpft verhältnismäßig schnell. Eine gegen interkristallinen Angriff resistente Matrix verhindert eine festigkeitsmindernde Kerbwirkung, die insbesondere bei dünnen Drahtstrukturen auftreten kann.
  • Die Flächenbezogene Massenverlustrate v und die Dickenabnahme ∆s nach DIN 50905 gehorchen dem bereits ausführlich beschriebenen Geometrieeffekt und unterschreiten die Werte für massive Werkstoffe um mehrere Größenordnungen. Die Freie Bildungsenthalphie der am stärksten korrodierenden Körperform (kugeliges Pulverteilchen) ist grundsätzlich temperatur- und durchmesserabhängig, qualitativ gilt: ∆G = ∆G(T o Ø). Deshalb sinken thermische Grenzwerte wie die Rekristallisationstemperation, Zeitstandfestigkeit, Zundergrenztemperaturen etc., mit dem Durchmesser.
  • Die Temperatur stellt den hauptsächlichen Einzeleinfluß auf das Korrosionsgeschehen dar. Gemessene Abbrand-Spitzentemperaturen lagen mit über 1100˚C sehr hoch. Scharfe Temperaturwechsel können Deckschicht-Abplatzungen bewirken.
  • Äußere mechanische Kräfte (Fahrzeugschwingungen, Strömungskräfte) sind dem aufgrund von Wachstumsprozessen der Oxidschichten ohnehin vorliegenden dreiachsigen Spannungs- und Dehnungszustand überlagert und können so eine mechanische Überlastung (Rißbildung) der unter Vorspannung stehenden spröden Oxidschichten und damit einen verstärkten oxidativen Angriff bewirken. Die Kriechfestigkeit (Zeitstandfestigkeit) des Matrixwerkstoffes wäre erst dann relevant, wenn die Oxidschicht einen ausreichenden Korrosionsschutz böte.
  • Der Abtransport der über einer abdampfenden Oxidschicht angereicherten flüchtigen Substanzen forciert bei höheren Strömungsgeschwindigkeiten und Temperaturen den Metallkonsum bei kleinen Teilchen um den Faktor 3-5.
  • Die Oxidation dominiert gegenüber der Aufkohlung und Aufstickung. Abgas bewirkt stärkere Korrosionsangriffe als reine Atmosphären.
  • Fraktale Methoden eignen sich zur geometrischen Charakterisierung kleiner Teilchen bzw. feiner Strukturen am metallographischen Querschliff durch Bildverarbeitung und durch BET bei der Oberflächenmessung.

Chromoxidbildende Werkstoffe:

Das untersuchte Rußfilterbauteil ist aus Unterbaugruppen zusammengesetzt, die ihrerseits aus einem Trägergeflecht mit Stützfunktion und darauf angesintertem Metallpulver mit Filterfunktion bestehen. Dieser Verbundkörper heißt „Filtergewebe“, besteht aus dem austenitischen CrNi-Stahl W.-Nr. 1.4841 und bildet im Betrieb eine Chromoxid-Deckschicht. An einem solchen Abgasfilter wurden nach Prüfstandsversuchen die eingangs erwähnten Funktionsbeeinträchtigungen gefunden:

  • Die im Anlieferungszustand vorhandene Kaltverformung begünstigt zwar das schnelle Entstehen einer schützenden und chromreichen Oxidschicht, dieser Gefügezustand weicht aber nach wenigen Stunden Glühzeit (Betriebszeit) einem rekristallisierten mit geringer Hochtemperatur-Zugfestigkeit. Dies und eine behinderte Wärmeausdehnung erklären die festgestellten Risse.
  • Das Filtergewebe oxidiert mit flächenhafter und interkristalliner Oxidation.
  • Die flächenhafte Oxidation läßt sich in zwei Temperaturbereiche einteilen: Unterhalb von ungefähr 500˚C entsteht eine dünne und interferenzfarbene Oxidschicht überwiegend aus Chromoxid (Cr2O3), oberhalb von etwa 500˚C bildet sich eine rauhe und mikrokristalline Oberflächenmorphologie α-Korund-Struktur (REM), die eine große spezifische Oberfläche besitzt (BET). Ihr dunkelgraues Erscheinungsbild zeigt den Verlust der Schutzwirkung an, wodurch Aufkohlung möglich wird. Die oben beschriebene Aufrauhung wirkt sich nach relativ kurzer Betriebszeit als deutliche Druckabfall-Zunahme aus. Im Dieselabgas entstehen ungefähr drei- bis fünfmal dickere und gleichzeitig weniger haftfeste Oxidschichten als in isothermen Glühungen. Mehrmalige Deckschichtverluste lassen zunehmend eisenreichere Oxidschichten mit geringer Schutzwirkung entstehen.
  • Der starke interkristalline Angriff bewirkt eine massive Reduktion des verbleibenden Restquerschnittes (Kerbwirkung), aufgrund dessen die strukturelle Integrität des Filtergewebes gefährdet ist. Damit geht bei langen Zeiten und/oder höheren Temperaturen eine makroskopische Versprödung des Werkstoffes einher.
  • Gemäß obiger Aussage (∆G = ∆G[T o Ø]) liegt bei diesem Metallpulver die Übergangstemperatur der Oxidbildung im Gegensatz zu Literaturangaben für massive Werkstoffe um etwa 200-300 °C tiefer.

Aluminiumoxidbildende Werkstoffe:

Der große Oxidationswiderstand aluminiumoxidbildender (alitierter) Werkstoffe ist bekannt. Er besteht auch in Abgas und beruht auf:

  • Großer thermodynamischer Beständigkeit, auch unter wechselnden chemischen Einflüssen (100fach größer als Chromoxid). Es liegt ein sehr geringer Fehlordnungsgrad vor. Eine Veränderung des Umgebungsmilieus von reduzierend (unter Rußablagerung) zu oxidierend (bei Abbrand) ist im Gegensatz zu Chromoxid unkritisch.
  • Kompakten und dichten Schichten von wenigen Mikrometern Dicke, die auch bei starken Krümmungen und extremen Temperaturwechseln (Thermoschocks) gut haften.
  • Eine Alitierung des W.-Nr. 1.4841 verlangsamt das Oxidschicht-Dickenwachstum bei 900˚C etwa um den Faktor 8. Damit wird die angestrebte Lebensdauerverlängerung möglich. Eine ähnliche Wirkung ist bei niedriglegierten Stählen oder geeigneten Aluminiumoxidbildnern zu erwarten.
  • Kugelfömige Teilchen unterliegen der Korrosion stärker als längliche oder ebene Körperformen. Unter Vernachlässigung der lokalen Oberflachenkrümmung und unter der Voraussetzung eines parabolischen Zundergesetzes wurde ein diesem analoges für (aluminiumoxidbildende) kugelförmige Metallpulver abgeleitet:

    Gl. 8.1Gl. 8.1 vermag die Oxidationskinetik kugelförmiger Teilchen gut zu beschreiben. Die Messenger nach 15stündiger Glühzeit bei 900˚C bestätigen dies. Die Oxid-Schichtdicke ist vom Teilchendurchmesser, der momentanen Teilchenmasse und der Oxiddichte abhängig: s = s[Øi, ∆m(t), ρOxid] (Gl. 6.23).
  • Die Zunder-„Konstante“ kugeliger Teilchen hängt hierbei zusätzlich vom aktuellen Teilchendurchmesser ri ab:

Gl. 8.2Konservativ abgeschätzt ergeben sich Zahlenwerte von kKugel = 1.114 * 10-10 m2/s. Die auf die Teilchenoberfläche bezogene Zunderkonstante kKugel,A [1/s] ist (durchmesserabhängig) etwa 108fach größer. Die in DIN 50905 festgelegten Korrosionsgrößen weisen sehr große Werte aus: während die flächenbezogene Massenverlustrate v im Bereich um 2*105 g m-2 h-l liegt, übersteigt der Zahlenwert der Dickenabnahme ∆s mit 410 mm den Teilchendurchmesser etwa um den Faktor tausend (Tab. 6.2).

Angesichts des großen Oxidationswiderstands von aluminiumoxidbildenden Werkstoffen und ihrer relativ hohen Schmelztemperatur ist die angestrebte Verlängerung der Nutzungsdauer erreichbar.